Berufsstände

Berufsstände bezeichnet in der Geschichte die organisierten Gruppen von Berufstätigen, die aufgrund ihrer besonderen Stellung Privilegien, Pflichten und Mitbestimmungsrechte besaßen. Ursprünglich entwickelten sich Berufsstände aus Zünften und Gilden, die in Städten und Territorien des Heiligen Römischen Reiches sowie in mitteleuropäischen Staaten als Selbstverwaltungs- und Regulierungseinheiten fungierten. Typisch war das Monopol auf Lehrlingsausbildung, die Meisterprüfung, Preis- und Qualitätsregulierung sowie die Mitwirkung an der Stadt- und Landesverwaltung. Mitglieder mussten oft eine bestimmte Zugehörigkeit, Lehre oder Meistertitel nachweisen, wodurch Neueinsteiger stark beschränkt waren.

Neben den Zünften der Handwerker entstanden auch bürgerliche oder geistliche Berufsstände in manchen Regionen, die ähnliche Funktionen für Bereiche wie Handel, Medizin, Recht oder Verwaltung übernahmen. Gemeinsam dienten sie der Ordnung des Berufslebens, dem Schutz der Privilegien ihrer Mitglieder sowie der Sicherung der öffentlichen Sicherheit und Produktqualität. Sie fungierten oft als Körperschaften mit eigener Rechtsstellung, Mitgliederversammlungen, Schiedsgerichtsbarkeit und Vertretung gegenüber Obrigkeiten.

Die Macht der Berufsstände war eng verbunden mit dem frühneuzeitlichen Ständestaatenwesen. Mit der Aufklärung, dem Ausbau der Bürokratie und liberalen Reformen im 18. und 19. Jahrhundert gingen viele Privilegien verloren oder wurden in gesetzliche Regulierung übersetzt. In modernen Rechtsordnungen existieren ordnungs- oder kammerbasierte Berufsorganisationen (z. B. Kammern berufsständischer Gruppen), die Ausbildung, Berufszugang und Ethik regeln, während klassische Zünfte weitgehend verschwanden.