Unterdeterminierung

Unterdeterminierung beschreibt allgemein eine Situation, in der aus vorhandenen Informationen oder Daten nicht eindeutig eine einzige Lösung, Theorie oder Modell abgeleitet werden kann. In der Mathematik bezeichnet sie speziell ein Gleichungssystem mit mehr Unbekannten als Gleichungen; dadurch ist die Lösung nicht eindeutig und es ergeben sich unendlich viele Lösungen, oft beschrieben durch Freiheitsgrade. Ein lineares Beispiel ist ein System mit zwei Variablen und nur einer Gleichung.

In der Wissenschaftstheorie bezieht sich der Begriff auf das Verhältnis von Daten zu Theorien. Empirische Befunde können mit mehreren konkurrierenden Theorien vereinbar sein, sodass die Daten allein nicht entscheiden, welche Theorie richtig ist. Das Duhem–Quine-Problem betont, dass getestete Hypothesen stets von weiteren Annahmen (Hilfsannahmen, Modelle) abhängen, wodurch Theorien unterbestimmt bleiben. Historische Debatten über Licht- oder Mechaniktheorien zeigen, wie Daten unterschiedliche Erklärungen zulassen, bis neue Experimente oder theoretische Einsichten die Unterdeterminierung reduzieren oder aufheben.

Umgang und Reaktionen umfassen die Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien bei der Theoriewahl, wie Kohärenz, Einfachheit, Erklärungsstärke oder Vorhersagekraft. In der Bayes’schen Perspektive wird Unterdeterminierung durch Prior-Informationen ergänzt, um Wahrscheinlichkeiten zu gewichten. In der Wissenschaftspraxis kann Unterdeterminierung zeitweise bestehen bleiben, bis neue Daten, Experimente oder theoretische Bewegungen eine engere Auswahl ermöglichen.

Anwendungsbeispiele treten auch in Statistik und Informatik auf, etwa bei schlecht gestellten oder schlecht bestimmten Problemen, die zu vielen Lösungen führen. Hier helfen Regularisierung, zusätzliche Nebenbedingungen oder Daten, um die Lösungsmenge einzuschränken.

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