Fertigungssicht

Fertigungssicht bezeichnet in der Fertigungs- und Produktdatenverwaltung die Sicht auf ein Produkt, die speziell die Herstellung betrifft. Sie ergänzt die Konstruktions- oder Funktionssicht und richtet sich an Planung, Steuerung und Ausführung der Produktion. Während die Konstruktionssicht das Produktgeometrie und -funktionen beschreibt, fokussiert die Fertigungssicht auf herstellungsrelevante Informationen, die für die Fertigung notwendig sind.

Typische Inhalte der Fertigungssicht gehören die Fertigungsstückliste (MBOM), die die in der Produktion benötigten Bauteile und Baugruppen inkl. Stücklistenstruktur abbildet, sowie der Fertigungsprozessplan oder das Routing, das die Abfolge der Arbeitsvorgänge, verwendete Ressourcen (Arbeitsplätze, Maschinen, Werkzeuge) und die Zeiten (Rüst-, Bearbeitungszeiten) festlegt. Hinzu kommen Qualitätsprüfungen, Prüfpläne, Toleranzen, Losgrößen, Stückzahlen und Information zu Materialien, Beschaffung, Änderungen und Freigaben. Oft enthält sie auch Kapazitäts- und Ressourcenkennzahlen sowie Montage- und Arbeitsanweisungen.

Die Fertigungssicht wird häufig aus der EBOM abgeleitet, kann aber auch getrennt gepflegt werden, um die Anforderungen der Produktion abzubilden. In vielen Unternehmen kommt sie in ERP-Systemen (beispielsweise SAP) und Manufacturing Execution Systemen zum Einsatz, um Materialbedarfe, Kapazitäten, Fertigungsaufträge und die Kosten zu steuern. Ziel ist eine konsistente Datenbasis zwischen Entwicklung, Beschaffung und Fertigung, um Herstellungsfehler, Nachträge und Verzögerungen zu reduzieren.

Im Unterschied zur reinen Produktdefinition dient die Fertigungssicht der praktischen Umsetzung im Shopfloor. Sie spiegelt die reale Herstellungslogik wider, inklusive Varianten und alternativer Fertigungsverfahren, die im Produktionskontext auftreten.