Bindungssystem

Bindungssystem bezeichnet in der Psychologie ein motivational-emotionales System, das darauf abzielt, Nähe zu zentralen Bezugspersonen herzustellen und aufrechtzuerhalten. Es kommt sowohl beim Menschen als auch bei anderen Säugetieren vor und dient dem Schutz vor Gefahr, der emotionalen Regulation und dem Lernen des Kindes, indem es Nähe suchendes Verhalten, Sicherheit und Unterstützung bei Bedarf aktiviert.

Die Grundlagen stammen aus Bowlbys Bindungstheorie und der Arbeit von Ainsworth. Das System umfasst drei zentrale Funktionen: einen sicheren Hafen, eine sichere Basis und die Tendenz, Nähe suchendes Verhalten zu zeigen. Unter Stress oder Trennung wird es aktiviert, um Bindungspersonen zu suchen, Trost zu finden und exploratives Verhalten zu ermöglichen.

In der Entwicklung unterscheiden sich Bindungsmuster. Kernkategorien umfassen sicher, unsicher-ambivalent, unsicher-vermeidend und desorganisiert. Im Erwachsenenalter zeigen sich ebenfalls Stile wie sicher, unsicher-vermeidend, preokkupiert oder desorganisiert. Messinstrumente sind unter anderem das Strange Situation Procedure (SSP) und das Adult Attachment Interview (AAI).

Neurobiologisch verknüpft das Bindungssystem mit dem Oxytocin-System, der HPA-Achse sowie Netzwerken in der Amygdala und dem Präfrontalcortex. Sichere Bindung fördert emotionale Regulation, Stressresistenz und Lernfähigkeit, während problematische Bindungserfahrungen zu erhöhter Stressreaktion und Beziehungsproblemen beitragen können.

Anwendung und Relevanz: Das Konzept dient der Förderung sicherer Bindungen in Frühkindheit, der klinischen Arbeit mit Familien und in der Pädagogik. Es betont die Bedeutung responsiver, konsistenter Fürsorge. Kulturelle Unterschiede, Kontextabhängigkeit und methodische Grenzen werden diskutiert, wodurch das Modell als orientierendes Rahmenkonzept dient.