Scheinkräfte

Scheinkräfte, auch Scheinkraften oder Pseudo-Kräfte, sind Kräfte, die in beschleunigten oder rotierenden Bezugssystemen auftreten, obwohl sie in einem echten, Inertialsystem nicht aus Wechselwirkungen mit anderen Körpern stammen. Sie entstehen, weil die Bewegungsgesetze in nicht-inertialen Referenzrahmen angepasst werden müssen. Formal lässt sich eine Scheinkraft als -m a_frame beschreiben, wobei m die Masse des Körpers und a_frame die Beschleunigung des Bezugssystems relativ zu einem Inertialsystem ist.

Bei Rotationsrahmen addieren sich zusätzliche Terme: Die Corioliskraft F_C = -2m ω × v', die Zentrifugalkraft F_Z = -m ω × (ω × r) und, falls die Rotationsrate ω sich ändert, die Eulerkraft F_E = -m dω/dt × r. In einem translational beschleunigten Fahrzeug oder Aufzug gilt F_s = -m a_frame.

Diese Kräfte haben keine eigenständige physikalische Ursache, sie dienen dazu, in der gewählten Koordinatendarstellung Newtonsche Gesetze zu erhalten. In einem Inertialsystem existieren sie nicht, und sie würden verschwinden, wenn man die Beschreibung auf ein inertiales Bezugssystem zurückführt. Die Scheinkräfte erklären alltägliche Phänomene wie das Gefühl, nach außen gedrückt zu werden, wenn man in einem Karussell rotiert, oder die Ablenkung von Luft- und Meeresströmungen durch die Corioliskraft.

Die Konzepte sind wichtig in Meteorologie, Nautik, Raumfahrt und Ingenieurwesen. Sie sind kein Ersatz für echte Wechselwirkungen, sondern eine Folge der Wahl eines beschleunigten Bezugssystems; in der Allgemeinen Relativitätstheorie verschiebt sich die Einordnung von Gravitationskräften, doch Scheinkräfte bleiben ein Werkzeug der klassischen Mechanik.