Modellinventur

Modellinventur bezeichnet in der Betriebswirtschaft eine methodische Herangehensweise zur Bestandsführung, bei der ein digitales oder mathematisches Modell als Grundlage dient, um Bestände, Lagerorte und Bewegungen abzubilden. Im Gegensatz zu einer vollständigen physischen Inventur wird das Bestandsbild primär über Datenmodelle, statistische Schätzungen und vorhandene Systemdaten erzeugt. Modellinventur wird häufig eingesetzt, um den Aufwand einer herkömmlichen Inventur zu reduzieren, Transparenz zu schaffen und regelmäßig aktualisierte Bestandsinformationen bereitzustellen.

Kernkomponenten der Modellinventur sind Stammdaten zu Artikeln und Lagerorten, Bewegungsdaten zu Zu- und Abgängen, Lagerdaten zum Soll-Ist-Abgleich sowie Annahmen über Verlust, Ausschuss oder Fehlbestände. Die Modellierung nutzt statistische Schätzverfahren, Stichproben oder technologische Ansätze wie einen digitalen Zwilling des Lagers. Datenquellen können ERP-, WMS-, Einkaufs- und Fertigungsdaten sein.

Der typische Ablauf umfasst das Definieren des Inventurraums, das Zusammenstellen vorhandener Daten, das Erstellen des Modells (zum Beispiel durch Stratifikation nach Artikelgruppen und Standorten), das Kalibrieren anhand historischer Ergebnisse sowie die Validierung durch gezielte Stichproben- oder Teil- Inventuren. Anschließend erfolgt die laufende Pflege des Modells mit regelmäßigen Updates und Abweichungsmanagement.

Vorteile der Modellinventur sind geringere Betriebsunterbrechungen, reduzierter Personal- und Zeitaufwand, schnellere Verfügbarkeit von Bestandsdaten und bessere Planbarkeit. Zu den Risiken gehören eine hohe Abhängigkeit von Datenqualität und Annahmen, potenzielle Abweichungen bei seltenen Verlusten sowie der Bedarf an Governance, Datenqualität und Schulung.

Anwendungsbereiche sind Logistik, Einzelhandel und Fertigung, insbesondere dort, wo regelmäßige Vollinventuren kostenintensiv sind oder schnelle Entscheidungen auf aktueller Bestandsbasis erforderlich sind.