Abstandsverteilungen

Abstandsverteilungen beschreiben Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Abstände zwischen Objekten, Ereignissen oder Zuständen in einem System. Sie dienen der Charakterisierung von Musterbildung, Zufälligkeit, Struktur und räumlichen oder zeitlichen Korrelationen. Typische Anwendungsfelder sind Physik, Materialwissenschaft, Geowissenschaften, Statistik und Netzwerkanalyse.

Im einfachsten Fall wird ein homogener Poissonprozess auf einer Linie betrachtet, bei dem Ereignisse zufällig mit einer Dichte λ auftreten. Die Abstände L zwischen benachbarten Ereignissen sind unabhängig identisch verteilt und folgen einer Exponentialverteilung mit Dichte P(L) = λ exp(-λ L). Wird der Abstand durch den mittleren Abstand μ = 1/λ normalisiert (s = L/μ), ergibt sich die dimensionale Verteilung P(s) = exp(-s) für s ≥ 0.

In höheren Dimensionen beschreibt der Abstand eines Punktes zum nächsten Nachbarn eine entsprechende Verteilung. Für einen Poissonprozess in d Dimensionen lautet die Verteilungsdichte des nächsten Nachbarn R: f_R(r) = d α_d r^{d-1} exp(-λ α_d r^d), wobei α_d das Volumen der Einheitskugel in der Raumdimension d ist. Die räumliche Struktur lässt sich zusätzlich durch die Paardichte g(r) charakterisieren, die von Zufallsprozessen abweichen kann und Hinweise auf Clustering oder Regularität liefert.

In der Zufalls-Matrixtheorie und verwandten Bereichen erscheinen Abstandsverteilungen der Spektren, sogenannte Spacings, die je nach Symmetrieklasse unterschiedliche Gesetze folgen. Die sogenannten Wigner-Dyson-Verteilungen (GOE, GUE, GSE) zeigen Level-Repulsion und unterscheiden sich von der Exponentialverteilung eines Poissonprozesses.

Praxis und Methodik: Abstandsverteilungen werden aus Daten geschätzt, z. B. durch Histogramme oder Kernel-Dichte-Schätzungen, und mit theoretischen Modellen verglichen. Die Normalisierung der Abstände durch den mittleren Abstand ermöglicht den Vergleich über verschiedene Dichten und Größen. In der Materialkunde verbinden Abstandsverteilungen Lückenverteilungen mit dem radialen Strukturfeld und der Struktur.