Dehumanisierung

Dehumanisierung ist der Prozess, bei dem Menschen oder Gruppen als weniger als menschlich wahrgenommen oder behandelt werden. Der Begriff leitet sich von de- (Ent-) und Humanisierung ab und wird sowohl in der Sozialpsychologie als auch in der politischen Wissenschaft verwendet. Er beschreibt, wie Zugehörige einer Gruppe durch Zuschreibungen entmenschlicht werden, etwa indem ihnen Gefühle, Würde oder Rechtsansprüche abgesprochen werden.

In der Fachliteratur wird oft zwischen zwei Dimensionen unterschieden: der Zuschreibung von Human Nature (charakteristische menschliche Eigenschaften wie Wärme, Emotion, Bindung) und Human Uniqueness (einzigartige, kulturspezifische Merkmale wie rationale Kompetenz, Kultur). Dehumanisierung kann auftreten, wenn Personen als Tiere oder Dinge gesehen werden (animacy-Fehlzuschreibung) oder wenn ihnen Kultur, Rechtsansprüche oder Moralität abgesprochen werden. Es lassen sich mechanistische (als Gegenstände, Maschinen) und anthropologische (als weniger menschlich) Varianten unterscheiden.

Historisch spielte Dehumanisierung eine zentrale Rolle in Gewaltakten und Völkermord. In Nazi-Propaganda wurden Juden, Roma, Homosexuelle und andere Gruppen entmenschlicht, um deren Ausgrenzung und Vernichtung zu rechtfertigen. Ähnliche Dynamiken sind in Kolonialherrschaft, Konflikten und gegen Flüchtlinge oder religiöse Minderheiten beobachtet worden.

Methodisch wird Dehumanisierung in der Psychologie oft durch Befragungen, Verhaltensbeobachtungen und Reaktionszeitaufgaben gemessen. Haslam (2006) hat ein einflussreiches Modell vorgeschlagen, das zwischen Menschenbild-Dimensionen unterscheidet; weitere Arbeiten untersuchen neuronale Korrelate und Auswirkungen auf Unterstützung von Gewaltanwendungen, politische Intoleranz oder Rechtslosigkeit.

Relevanz heute: Dehumanisierung bleibt ein Mechanismus, der Diskriminierung, Feindbildern und Gewalt begünstigen kann. Medien, politische Rhetorik und soziale Medien können dehumanisierende Frames verbreiten. Gegenmaßnahmen betonen menschenrechtsorientierte Bildung, Empathie-Training, Kritisches Denken sowie Mechanismen zur Förderung von Würde und Gleichberechtigung.