Steuerungskomplexität

Steuerungskomplexität bezeichnet den Grad, in dem ein Regelungs- oder Steuerungssystem durch die Anzahl und Vielfalt der Bauteile, deren Wechselwirkungen sowie durch zeitliche Dynamik, Unsicherheiten und Umwelteinflüsse gekennzeichnet ist. Sie ergibt sich aus der Kombination struktureller Merkmale (Architektur, Kopplungen, Hierarchie) und verhaltensbezogener Eigenschaften (Nichtlinearität, Verzögerungen, Störungsspektrum). Typische Treiber sind Systemskalierung, Heterogenität von Sensoren und Aktuatoren, Verzögerungen in Sensorik und Kommunikation, sowie Unsicherheiten in Modellen und Umwelt.

Auswirkungen von Steuerungskomplexität sind unter anderem erschwerte Systementwurf, Verifikation und Inbetriebnahme; verminderte Transparenz, erschwerte Fehlersuche und potenziell eingeschränkte Robustheit und Regelgüte. Zur Bewertung werden Metriken wie Anzahl relevanter Zustandsgrößen, Kopplungsgrad, Informationsfluss, Netzwerkkennzahlen oder Abweichungen zwischen Modell und Wirklichkeit herangezogen. Ansätze zur Beherrschung der Komplexität umfassen modulare und hierarchische Architekturen, verteilte Regelkreise, Abstraktion und modellbasierte Systementwicklung, sowie Simulation und formale Verifikation. Standardisierte Infrastruktur (z. B. DCS, PLC, SCADA), robuste Kommunikationsprotokolle und fehlertolerante Strategien unterstützen die Praxis. Auch menschliche Faktoren und organisatorische Gegebenheiten beeinflussen die effektive Steuerungskomplexität.

Anwendungsfelder umfassen Fertigung und Prozessindustrie, Energieversorgung, Robotik, autonome Systeme, Logistik und Supply-Chain-Management. In diesen Bereichen wird Steuerungskomplexität durch Konzepte wie Cyber-Physical Systems, Industrie 4.0 und vernetzte Infrastrukturen adressiert. Ziel ist es, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu erhöhen, ohne die Wartbarkeit und Transparenz über Gebühr zu belasten.