Kontaktwinkeln

Der Kontaktwinkel ist der Winkel, der am dreiphasigen Kontaktpunkt zwischen Flüssigkeit, Festkörper und Gas gebildet wird. Er beschreibt die Benetzbarkeit einer Oberfläche durch eine Flüssigkeit. Formal gilt er als der Innenwinkel im Flüssigkeitsvolumen zwischen der Grenzfläche Flüssigkeit–Gas und der Festkörperoberfläche. In der idealen, makroskopischen Grenzfläche lässt sich der Kontaktwinkel durch Youngs Gleichung beschreiben: gamma_SV = gamma_SL + gamma_LV cos theta, wobei gamma_SV, gamma_SL und gamma_LV die Oberflächenspannungen zwischen Feststoff–Gas, Feststoff–Flüssigkeit bzw. Flüssigkeit–Gas bezeichnen. Ein kleinerer Winkel deutet auf eine bessere Benetzung hin; ein größerer Winkel auf geringere Benetzbarkeit.

Messung und dynamische Aspekte bilden einen wichtigen Teil der Praxis. Die gängigste Methode ist die Sessile-Drop-Technik, bei der ein Tropfen der Flüssigkeit auf die Fläche gesetzt wird und der Kontaktwinkel mithilfe eines Goniometers oder Bildverarbeitung bestimmt wird. Weitere Ansätze umfassen den Wilhelmy-Platten-Test und Tilttests. Dabei kann zwischen statischen, advancing- und receding-Kontaktwinkeln unterschieden werden. Die Kontaktwinkel-Hysterese resultiert aus Oberflächenrauheit, chemischer Heterogenität und Adhäsionseffekten. Umweltbedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Oberflächenfeuchtigkeit beeinflussen die Messwerte deutlich.

Wettbarkeitsklassen und Modelle helfen, das Verhalten auf rauen Oberflächen zu verstehen. Hydrophile Oberflächen weisen typischerweise Winkel unter 90 Grad auf, hydrophobe Oberflächen über 90 Grad; superhydrophobe Oberflächen besitzen oft Winkel über 150 Grad mit geringer Hysterese. Auf rauen Oberflächen werden die Modelle von Wenzel und Cassie–Baxter verwendet, um den effektiven Kontaktwinkel zu erklären.

Anwendungen umfassen Beschichtungs- und Klebeprozesse, Mikrosystemtechnik, Druck- und Textilindustrie sowie die Qualitätskontrolle von Oberflächen. Die Messung des Kontaktwinkels liefert dabei zentrale Informationen zur Oberflächenchemie und zur Langzeitstabilität von Benetzungszuständen.