Erwerbsprozesse

Erwerbsprozesse bezeichnet in der Wirtschafts- und Sozialforschung die dynamischen Abläufe, durch die Individuen ihren Lebensunterhalt verdienen. Der Begriff umfasst verschiedene Wege, Stufen und Übergänge vom Erwerbsbeginn bis zur langfristigen Berufslaufbahn, einschließlich Beschäftigung, Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit, Qualifizierung und Phasen der Erwerbsbeteiligung oder Inaktivität.

Zu den zentralen Bestandteilen gehören Bildung und Qualifikation, Arbeitsuche, berufliche Weiterbildung, Job-Matching, der Erwerbsstatus (Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Vorruhestand) sowie Aspekte der Arbeitszeit und des Einkommens. Erwerbsprozesse werden von individuellen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Migrationserfahrung, Gesundheit und Bildung beeinflusst, aber auch von strukturellen Rahmenbedingungen wie Arbeitsmarktpolitik, Tariflandschaft, Verfügbarkeit von Betreuungsangeboten und regionalen Unterschieden. Diskriminierung, Care-Arbeit und Teilzeitregelungen können Barrieren darstellen und den Verlauf der Erwerbstätigkeit beeinflussen.

Aus theoretischer Perspektive finden sich im Erwerbsprozess Ansätze der Humankapitaltheorie, der Arbeitsmarktdynamik, des Lebensverlauf- bzw. Lebenslauftheorie sowie systemische Ansätze, die die Wechselwirkungen zwischen Individuum, Organisation und Institution betonen. Methodisch werden Erwerbsprozesse oft mit Längsschnittdaten, Übergangsmatrizen und Erwerbstätigkeitsstatistiken untersucht, um Beschäftigungswechsel, Stabilität und Einkommensentwicklung zu analysieren.

Politisch relevant sind Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik, Qualifizierungsförderung, Weiterbildungsangebote, Kinderbetreuung, Lohnsubventionen und flexible Arbeitszeitmodelle, um den Zugang zum Erwerb zu erleichtern und stabile Erwerbsverläufe zu fördern. Der Begriff wird in der deutschsprachigen Forschung genutzt, um die Dynamik der Erwerbstätigkeit über Lebensphasen hinweg zu beschreiben, insbesondere im Kontext von Demografie, Migration und sozialer Ungleichheit.