Überbehandlung

Überbehandlung bezeichnet im medizinischen Kontext die Verabreichung von Maßnahmen, deren Nutzen für den einzelnen Patienten geringer ist als der potenzielle Schaden oder die Belastung. Sie kann Tests, Therapien oder invasive Eingriffe umfassen, die über den tatsächlichen Behandlungsbedarf hinausgehen. Der Begriff wird oft im Zusammenhang mit End-of-Life-Situationen, fortgeschrittener Demenz oder anderen schweren Erkrankungen verwendet, kann aber in jedem Lebensalter auftreten.

Ursachen für Überbehandlung sind vielfältig: eine kultur des aktiven Handelns in der Medizin, defensive Medizin zur Abwehr von Rechtsrisiken, wirtschaftliche oder systemische Anreize, Leitlinien, die nicht ausreichend individualisiert werden, sowie unklare Prognosen und mangelhafte Kommunikation zwischen Ärzten, Patienten und Angehörigen. Fehlende oder verspätete Zielvorstellungen der Behandlung sowie eine unzureichende Abwägung von Nutzen und Belastung begünstigen unnötige Maßnahmen.

Folgen der Überbehandlung umfassen gesundheitliche Belastungen durch Nebenwirkungen, erhöhte Komplikationen und Schmerzen, eine Verschlechterung der Lebensqualität sowie höhere Kosten und Ressourcenverbrauch. Sie kann auch zu einer prolongierten, aber nicht verbesserten Leidenszeit führen und das Vertrauen in das Gesundheitssystem beeinträchtigen.

Beispiele sind fortgesetzte bildgebende Untersuchungen oder Therapien mit geringem Nutzen, aggressive Krebsbehandlungen nahe dem Lebensende oder unwirksame Antibiotikagaben bei fortgeschrittener Erkrankung. Zur Vermeidung zentraler Ansätze gehören eine frühzeitige Zielklärung, gemeinsame Entscheidungsfindung, Einbeziehung der Palliativmedizin, regelmäßige Reevaluation der Behandlungsziele und das De-Eskalieren beziehungsweise Absetzen nicht-beneficialer Maßnahmen.