Streuvorgänge

Streuvorgänge bezeichnet in der Physik Prozesse, bei denen Teilchen oder Wellen beim Durchtritt durch Materie oder durch Felder ihre Richtung, ihren Impuls oder ihre Energie infolge Wechselwirkungen ändern. Ziel der Beschreibung ist es, Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Ausgänge, Zusammenhänge zwischen Messgrößen wie Winkelabfall und Energieverlust sowie Rückschlüsse auf Struktur und Eigenschaften der gestreuten Systeme abzuleiten.

Man unterscheidet grob elastische Streuvorgänge, bei denen die kinetische Energie der bewegten Teilchen erhalten bleibt, und inelastische Streuvorgänge, bei denen Energie an interne Grade der Freiheit abgegeben oder von ihnen aufgenommen wird. Zudem gibt es kohärente Streuung, bei der die Phasenbeziehungen zwischen Streuwellen erhalten bleiben, und inkohärente Streuung, bei der Phasenbeziehungen verloren gehen. Beispiele: Lichtstreuung (Rayleigh-, Mie- und Raman-Streuung), Elektronen- und Neutronenstreuung, Kern- und Teilchenstreuung. Ein klassisches Beispiel in der Kernphysik ist die Rutherford-Streuung geladener Teilchen an Atomkernen.

Die quantenmechanische Beschreibung erfolgt über Streuungstheorie, in der das Streuungssignal durch die Streuamplitude f(Ω) bestimmt wird. Wichtige Größen sind das Differentialkreuzungsquerschnitt dσ/dΩ, das die Wahrscheinlichkeit für eine Streuungsrichtung Ω angibt, sowie das totale Kreuzquerschnitt σ. Gesetze wie das Optische Theorem verknüpfen Gesamtheit und Phasenbeziehungen, und Ansätze wie die Phasenverschiebungstheorie ermöglichen Berechnungen bei Kern-, Elektronen- und Lichtstreuung.

Streuvorgänge finden breite Anwendungen: in der Grundlagenforschung zur Bestimmung von Materie-, Struktur- und Dynamik-Eigenschaften; in der Optik und Materialwissenschaft zur Charakterisierung von Partikeln, Oberflächen und Flüssigkeiten; in der Astronomie und Astrophysik zur Untersuchung von Sternen- und Staubumgebungen; sowie in Medizin und Technik bei diagnostischen und therapeutischen Verfahren.