Stammesrecht
Stammesrecht bezeichnet in der deutschsprachigen Rechts- und Sozialwissenschaft die Rechtsformen, Normen und Praktiken, die in Stammes- oder Clangemeinschaften als gültig gelten. Der Begriff wird verwendet, um das Rechtsleben jenseits von formellem Staatsrecht zu beschreiben und Normen für Alltagsfragen wie Vermögen, Familienrecht, Heirat, Nachfolge und Streitbeilegung zu erfassen. Stammesrecht ist kein einheitliches, kodifiziertes System; es variiert stark zwischen Gruppen, Regionen und historischen Phasen und besteht oft aus Gewohnheitsrecht, mündlicher Überlieferung und ritualisierten Verfahren, die von Ältesten oder anderen Autoritäten ausgestaltet werden. In vielen Fällen existieren Außenstrukturen, die das Stammesrecht anerkennen oder durchsetzen, doch die Rechtsordnung bleibt weitgehend kontextgebunden und sozial verankert.
Historisch stammt der Begriff aus der kolonialen und anthropologischen Wissensproduktion des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Moderne Rechtsanthropologie und postkoloniale Jurisprudenz bevorzugen Begriffe wie Gewohnheitsrecht oder Customary Law und betonen dessen Prozessualität,