Selektionsebene

Selektionsebene bezeichnet in der Evolutionsbiologie die Ebene, auf der natürlicher Selektionsdruck wirkt. Sie beschreibt den organisatorischen Rahmen, innerhalb dessen Merkmale durch ihren Beitrag zur reproduktiven Fitness verändert werden. Typische Ebenen sind die Genebene, die Individuensebene, die Gruppensebene und, in bestimmten Kontexten, die Arten- oder Populationsebene. Häufig wirken Selektionseffekte gleichzeitig auf mehreren Ebenen, was zu komplexen evolutionären Dynamiken führt.

Auf der Genebene wirkt Selektion auf reproduzierbare genetische Einheiten; Merkmale werden durch ihre Verbreitung in der Nachkommenschaft der Träger bewertet. Auf der Individuensebene konkurrieren Individuen um Ressourcen und Fortpflanzungschancen, wodurch Merkmale im jeweiligen Genpool des Individuums bevorzugt oder abgelehnt werden. Auf der Gruppensebene können Merkmale selektioniert werden, weil sie das Überleben oder die Fortpflanzung der Gruppe als Ganzes verbessern, selbst wenn sie einzelnen Mitgliedern schaden.

Kriterien einer Selektion auf einer Ebene umfassen Variation, Vererbbarkeit und Differenzialfitness innerhalb dieser Ebene. Bei der Abgrenzung der jeweiligen Ebene geht es darum, wessen Fitness gemessen wird: Gene, Individuen oder Gruppen. Multilevel-Selection-Ansätze beschreiben, wie Selektion auf mehreren Ebenen gleichzeitig wirken kann und Konflikte oder Kooperationen zwischen Ebenen erzeugt. Empirische Beispiele reichen von altruistischem Verhalten in sozialen Tieren bis zu kulturellen Ausbreitungsprozessen.

Historisch gab es Debatten zur Gruppenwahl vs. Selektion auf mehreren Ebenen; Befürworter betonen, dass Gruppen- oder Mehr-Ebenen-Selektion in bestimmten Systemen plausibel ist, während Gegner betonen, dass solche Effekte oft durch andere Mechanismen erklärt werden können. In modernen Theorien wird daher häufig ein multilevel-Ansatz verwendet, der die Interaktionen zwischen Ebenen betont und die Komplexität evolutionärer Prozesse besser erfasst.