IVSchätzung

IV-Schätzung bezeichnet in der Finanzmathematik die Bestimmung impliziter Volatilitäten aus beobachteten Optionspreisen. Sie dient der Kalibrierung von Bewertungsmodellen und der Ableitung der sogenannten IV-Oberfläche über verschiedene Laufzeiten und Ausübungspreise. Im Gegensatz zur historischen Volatilität gibt die implizite Volatilität die vom Markt erwartete zukünftige Schwankung wieder.

Zentrale Idee ist das inverse Problem: Aus dem Marktpreis einer Option wird der Parameter Sigma so bestimmt, dass der Preis des zugrunde liegenden Modells dem Marktpreis entspricht. Bei der Black-Scholes-Variante wird Sigma so gewählt, dass der theoretische Preis Price_BS(S0, K, T, r, sigma) dem Marktpreis entspricht. In der Praxis erfolgt dies oft durch numerische Verfahren wie Newton-Raphson oder andere Root-Finding-Algorithmen bzw. durch eine globale Optimierung zur Kalibrierung mehrerer Optionspreise gleichzeitig.

Daten und Output: Notwendig sind Eingaben wie der aktuelle Kurs des Basiswerts S0, Ausübungspreis K, Restlaufzeit T, risikofreier Zinssatz r und Dividendenrendite q. Das Ergebnis sind Implicit-Volatilitäten für einzelne Optionen, die zusammen eine IV-Oberfläche bzw. eine Volatilitätskrümmung (Smile/Skew) über Strike und Laufzeit bilden. Oft werden daraus auch Forward-Varianzen oder Total-Varianzen abgeleitet.

Anwendungen: IV-Schätzung dient der Zielsetzung der Preisbildung von Optionen, dem Hedging, dem Risikomanagement und der Kalibrierung von weiterführenden Modellen wie lokal oder stochastisch-volatilen Modellen. Sie liefert Marktpreiseinschätzungen, die über die bloße historischen Volatilität hinausgehen.

Einschränkungen: Die IV-Schätzung ist modellabhängig und anfällig für Datenqualität, Arbitragegefahren bei inkonsistenten Preisen sowie Extrapolationen außerhalb liquider Bereiche. Mehrdeutigkeit kann auftreten, wenn mehrere Modelle zur Kalibrierung genutzt werden.