Historiankäsite

Historiankäsite bezeichnet in der Geschichtswissenschaft den Begriff, der angibt, wie Vergangenheit verstanden, eingeordnet und erzählt wird. Als zentrales Thema der Historiografie untersucht er, welche Ereignisse, Prozesse oder Zeiträume als historisch relevant gelten, wie Zeitlichkeit konzeptionell gestaltet wird und welche Erzählformen genutzt werden, um Vergangenes zu interpretieren. Die Historiankäsite umfasst theoretische Modelle von Temporalität, Kausalität, Handlungsfähigkeit von Akteuren und Perspektive.

Sie ist kein feststehender Begriff, sondern verändert sich mit theoretischen Ansätzen, neuen Quellenarten und technologischen Entwicklungen. Differenzen zeigen sich zum Beispiel in linearer versus zyklischer Zeitauffassung, in der Frage nach Fortschritt oder Kontinuität, sowie in der Betonung individueller Akteure oder struktureller Machtverhältnisse. Unterschiedliche kulturelle Traditionen bringen eigene Vorstellungen von Geschichte hervor: moralische Lehrgeschichte, staats- oder nationenbildende Narrationen, oder kollektives Gedächtnis.

In der Gegenwartsdebatte werden große Erzählungen oft kritisch hinterfragt. Postkoloniale, feministische oder postmoderne Perspektiven fordern, dass Historiankäsite Macht, Repräsentation und Fragmentierung der Vergangenheit stärker berücksichtigen. Die Untersuchung dieser Konzepte hilft, Forschungsfragen zu formulieren, Quellen kritisch zu bewerten und historische Vermittlung in Wissenschaft, Bildung und Öffentlichkeit zu reflektieren.

Zusammenfassend bezeichnet Historiankäsite die theoretische Grundlage dafür, wie Historikerinnen und Historiker Vergangenheit konzipieren, darstellen und interpretieren. Sie ist eng mit Begriffsgeschichte, Historiografie und Periodisierung verbunden.