Bei Samen spielt Dormanz eine zentrale Rolle. Typen umfassen physiologische Dormanz, bei der die Embryoentwicklung durch innere Signale gehemmt wird; physische Dormanz, bedingt durch einen undurchlässigen Samenschalen- oder Fruchtüberzug; morphologische Dormanz, bei der der Embryo selbst noch nicht ausreichend entwickelt ist; sowie kombinierte Formen. Die Dormanz schützt vor vorzeitiger Keimung und ermöglicht das zeitliche Ausweiten des Keimfensters über mehrere Jahreszeiten. Das Durchbrechen der Dormanz erfolgt oft durch Umweltreize wie Kälte-Stratifikation, Feuchtigkeitszyklen und mechanische oder chemische Behandlungen (Scarifikation, Reifung).
Bei Mikroorganismen sorgen Sporen-Dormanz etwa Endosporen von Bacillus- und Clostridium-Arten dafür, dass Zellen extreme Umweltbedingungen überdauern. In dieser Phase ist der Stoffwechsel stark eingeschränkt, die Wasseraktivität reduziert, Strukturen geschützt. Die Keimung wird durch Nährstoffe, Temperatur, pH und andere Signale ausgelöst.
Bei Tieren treten Dormanzzustände als Diapause oder Dauerstadien auf. Diapause ist eine programmierte Entwicklungsunterbrechung, oft hormonell gesteuert, um spätere Umweltbedingungen abzuwarten (z. B. Insektenlarven). Kryptobiose, wie Anhydrobiose, reduziert den Stoffwechsel bis unter Nachweisgrenze und ermöglicht Überleben extremer Trockenheit, Kälte oder Vakuum; bekannt von Tardigraden, einigen Nematoden und Mikroorganismen.
Auf zellulärer Ebene bezeichnet Dormanz auch den Ruhezustand der Zellen, insbesondere die G0-Phase des Zellzyklus. Zellen zeigen reduzierten Metabolismus und Vermehrung, bleiben aber reaktivierbar, wenn Wachstumsfaktoren oder Nährstoffe zurückkehren. Die Abgrenzung zu Quieszenz ist dabei oft kontextabhängig. Dormanz ist daher ein breites Konzept, das ökologische, mikrobiologische, tierische und zelluläre Aspekte umfasst.