Augenzeugen

Augenzeugen sind Personen, die ein Ereignis unmittelbar beobachtet haben, etwa eine Straftat, einen Unfall oder andere bedeutsame Vorfälle. Ihre Aussagen dienen der Rekonstruktion des Ablaufs, der Identifikation Beteiligter und der Aufklärung von Straftaten oder Unfällen.

In Rechtsprozessen spielen Augenzeugen oft eine zentrale Rolle; ihre Berichte sind jedoch fehleranfällig, da menschliche Erinnerung kein perfektes Abbild der Realität ist. Erinnerungen können im Laufe der Zeit verändert, durch Nachfragen verzerrt oder durch neue Informationen beeinflusst werden. Zudem ist die Zuverlässigkeit von Augenzeugen von individuellen Faktoren wie Stress, Aufmerksamkeitsfokus und Sichtverhältnissen abhängig.

Zu den beeinflussenden Faktoren gehören Beobachtungsdauer, Distanz, Beleuchtung, Blickwinkel, aktiver Stress, Waffenfokus (bei Gewaltereignissen), sowie Nachfragen, Suggestionen oder Vorwissen, die Details verändern oder falsche Erinnerungen hinzufügen können. Erinnerungen gelten als rekonstruiert statt als wörtliche Aufnahme der Ereignisse.

Zur Verbesserung der Zuverlässigkeit verwenden Ermittlungen und Gerichte Methoden wie kontrollierte Identifizierungen (Line-ups), Foto-Identifizierungen und standardisierte Befragungstechniken. Wichtige Prinzipien sind doppelt blinde und sequentielle Line-ups, offene, nicht führende Fragen sowie eine getrennte, unabhängige Beurteilung der Aussagen. Verzerrungen und Widersprüche werden kritisch geprüft; die Kontexteinflüsse werden dokumentiert.

Forschungen in der Psychologie zeigen, dass Erinnerungen durch Suggestion verfälscht werden können (Fehlinformationseffekt). Studien von Loftus, Wells und anderen belegen Fehlidentifikationen auch bei realen Fällen. Aus diesem Grund wird großer Wert auf aussagekräftige, methodisch fundierte Befragungen gelegt; Augenzeugen bleiben trotz Unsicherheit oft wichtige Beweismittel.