NEGFMethoden

NEGF-Methoden (Non-Equilibrium Green's Functions) sind theoretische und numerische Werkzeuge zur Beschreibung elektronischer Transportprozesse in offenen, nicht im Gleichgewicht befindlichen Systemen. Sie kommen in der Nanoelektronik, Molekültronik und bei Materialien mit reduzierten Abmessungen zum Einsatz, um Strom, Ladungs- und Energieströme sowie Spektralinformationen im Nichtgleichgewicht zu berechnen.

Formell betrachtet wird das System in einen Zentralbereich C und zwei oder mehr Leitungen (Kontakt- oder Reservoiren) L/R getrennt. Die Leads wirken über Selbstenergien Sigma_L^r, Sigma_R^r auf den zentralen Bereich; der zentrale Hamiltonian H_C beschreibt die inneren Freiheitsgrade. Die retarded Green's function G^r(E) erfüllt G^r = [E I - H_C - Sigma^r_L - Sigma^r_R - Sigma^r_int]^{-1}. Die Keldysh-Gleichung liefert G^<(E) = G^r(E) Sigma^<(E) G^a(E). Die Selbstenergien Sigma^< und Sigma^r enthalten Informationen über die Fermi-Verteilungen der Leads und, je nach Behandlung, über Wechselwirkungen wie Elektron-Phon- oder Elektron-Elektron-Korrelationen.

Aus G^< und G^r lassen sich physikalische Größen ableiten. Der Elektronendichte n = -i/(2π) ∫ dE Tr[G^<(E)]. Der Strom durch Link L ergibt sich aus Integralen der Greenschen Funktionen und der Leitungs-Selfenergien; in vielen Fällen führt man die kohärente Transportformel her, I = (e/ħ) ∫ dE Tr[ Γ_L G^<(E) - f_L (G^r - G^a) Γ_L ], wobei Γ_L = i (Σ^r_L - Σ^a_L). In der Praxis kommen zudem Näherungen wie der Wide-Band-Limit oder selbstkonsistente Berechnungen von Wechselwirkungen (SCBA) zum Einsatz.

Typische Anwendungsfelder umfassen die Modellierung von Elektronentransport durch Quantenpunkte, Moleküle oder Tight-Binding-Netzwerke, die Untersuchung von I–V-Kurven, Thermoelektrik und inelastische Effekte. Numerisch werden Techniken wie rekursive Green’s-Funktionen, Decimations-Verfahren sowie Sparse-Molverfahren verwendet; die Energiesintegration erfolgt meist über spezialisierte quadraturbasierte oder adaptive Verfahren. NEGF lässt sich mit elektronischer Strukturtheorie, etwa DFT, oder mit konkreten Tight-Binding-Modellen verknüpfen, um reale Systeme abzubilden.