Normcharakter

Normcharakter bezeichnet in Rechts- und Sozialwissenschaften die normative Qualität einer Norm: Sie beschreibt, ob eine Regel verbindlich vorschreibt, verbietet oder erlaubt, und ob sie dabei bestimmte Werte verfolgt. Der Normcharakter umfasst typischerweise Preskriptivität (das Was-soll-ich-tun), Verbindlichkeit (die Pflicht zur Orientierung am Regelsatz) und Zielgerichtetheit (die Ausrichtung auf bestimmte Wertvorstellungen). Deskriptive Aussagen über die Welt unterscheiden sich hiervon dadurch, dass sie kein Handlungsauftragssignal setzen.

Normen erhalten ihren Normcharakter aus verschiedenen Quellen: formale Autorität (Rechtssätze), moralische Überzeugungen oder soziale Übereinkünfte innerhalb einer Gemeinschaft. Mit dem Normcharakter geht in der Regel eine Erwartung einher, sich an die Norm zu halten; Verstöße können Folgen haben, seien es rechtliche Sanktionen, soziale Missbilligung oder innere Gewissenskonflikte. Die Stärke des Normcharakters variiert je nach Kontext, Institutionen und kulturellem Hintergrund.

Praktisch bedeutet das: Normcharakter dient der Orientierung in sozialen Interaktionen, der Stabilisierung von Regeln und der Legitimation von Normen. Er beeinflusst, wie Normen durchgesetzt werden, wie akzeptiert sie werden, und wie Konflikte über Normen bewertet werden.

Beispiele: Die rote Ampel fordert Anhalten und droht Strafe bei Missachtung; soziale Normen wie das Anstehen in einer Reihe haben einen starken informellen Normcharakter. Siehe auch Norm, Normativität, Sanktion.