Kryostallographie

Kryostallographie, auch Kryokristallographie genannt, ist ein Teilgebiet der Kristallographie, das sich mit der Strukturaufklärung von Kristallen bei niedrigen Temperaturen befasst. Durch das Abkühlen der Kristalle auf Temperaturen um 100 Kelvin werden thermische Bewegungen stark reduziert und Strahlenschäden während der Datensammlung vermindert. In der Strukturanalyse von biologischen Makromolekülen sowie in der Materialwissenschaft spielt Kryostallographie eine zentrale Rolle.

Das übliche Vorgehen umfasst das Isolieren eines Kristalls aus der wässrigen Lösung, das Eintauchen in eine Kryoprotektive Lösung (zum Beispiel Glycerol oder Ethylenglykol), gefolgt von einer schnellen Abkühlung, meist durch Eintauchen in flüssiges Stickstoffgas. Der Kristall wird auf einen Nylonloop montiert und in einem Cryostream bei etwa 100 Kelvin gehalten, während die Röntgen- oder Neutronendaten erhoben werden. Kryokühlung verlangsamt die Bildung freier Radikale und verringert die Schäden durch Röntgenstrahlung.

Vorteile der Kryostallographie liegen in der Verringerung von Strahlenschäden, der Stabilisierung der Kristallstruktur und der verbesserten Messgenauigkeit. Außerdem können Konformationszustände besser eingefangen werden. Zu den Herausforderungen gehören Kryoartefakte wie Veränderungen in der Konformation oder Eisbildung, wenn der Kristall unzureichend geschützt ist. Die Cryoprotektion muss sorgfältig gewählt werden, um Verzerrungen zu minimieren.

Heute ist Kryostallographie in der Makromolekulkristallographie Standard und wird in der Strukturanalyse von Proteinen, Nukleinsäuren und anderen Makromolekülen eingesetzt. Sie ermöglicht oft höhere Auflösungen und robustere Experimente und wird auch in der Materialwissenschaft genutzt, um Strukturmerkmale bei niedrigen Temperaturen zu untersuchen.