Dehnungswahrnehmung

Dehnungswahrnehmung bezeichnet die hörbare Wahrnehmung der Dehnungslänge von Lauten in der gesprochenen Sprache, insbesondere von Vokalen, aber auch von Konsonanten. Sie ist eine zentrale Komponente der Prosodie und der quantitativen Merkmale der Phonologie.

Die Wahrnehmung beruht primär auf der Dauer der Segmente; absolute Länge und der relative Kontext (Silbenstruktur, Sprechtempo) beeinflussen die Empfindung. Neben der Dauer spielen weitere akustische Hinweisreize eine Rolle, wie Spektraltilt, Veränderungen der Formanten und Intensität. Coarticulation mit benachbarten Konsonanten kann den Eindruck von Dehnung verstärken oder abschwächen.

Sprachlich variieren Dehnung und ihre phonetische Relevanz stark. In manchen Sprachen ist Vokaldehnung phonemisch und unterscheidet Wortpaare; in anderen Sprachen ist Dehnung eher allophon oder prosodisch bedingt (z. B. in Dialekten). Die Fähigkeit, Dehnung zu unterscheiden, entwickelt sich früh und wird durch die sprachliche Umgebung geprägt. Zweitspracherwerb nutzt Dehnung oft als Hinweis auf Wortgrenzen, doch Unterschiede zum Muttersprache-Duktus können herausfordernd bleiben.

Experimentell wird Dehnungswahrnehmung mit psychoakustischen Verfahren untersucht: Stimuli mit variierender Dauer, Diskriminations- und Identifikationsaufgaben; Messungen der Just-Noticeable-Difference (JND) für Vokallänge; oft werden auch neurokognitive Messungen eingesetzt.

Bedeutung: Die Wahrnehmung von Dehnung beeinflusst Spracherkennung, Sprachsynthese, Spracherziehung und die Behandlung von Sprachstörungen. In der Forschung dient sie dazu, die Rolle von Dauer als Segmentmerkmal im Sprachsystem besser zu verstehen.