Anharmonische

Anharmonische Effekte bezeichnen Abweichungen von der idealen harmonischen Näherung in Oszillatoren, Molekülen und Festkörpern. Typischerweise wird die Potenzialenergie V(x) nicht nur durch 1/2 k x^2 beschrieben, sondern enthält zusätzliche Terme höherer Ordnung, etwa α x^3 oder β x^4.

In der klassischen Mechanik bewirken diese Terme, dass die Schwingung nicht mehr sinusförmig ist; die Frequenz hängt von der Amplitude ab und es treten Kopplungen zwischen Moden auf. Die Bewegung wird dadurch nichtlinear und kann zu Frequenzwechseln, Verzerrungen und komplexeren Schwingungsmustern führen.

Im quantenmechanischen anharmonischen Oszillator sind die Energieniveaus nicht mehr gleichmäßig beabstandet; kleine Terme liefern Korrekturen, die zu Obertönen führen und die Auswahlregeln für Übergänge beeinflussen. In der Molekularvibration zeigen sich solche Effekte in Verschiebungen der Fundamentalfrequenz, in der Entstehung von Obertönen und in einer stärkeren Kopplung von Schwingung und Rotation, was Spektren, Intensitäten und Temperaturverläufe beeinflusst.

In Festkörpern verursachen Anharmonizitäten Phonon-Phonon-Wechselwirkungen, die die Lebensdauer von Schwingungen verkürzen, Frequenzen mit steigender Temperatur renormalisieren, thermische Ausdehnung erklären und die Wärmeleitfähigkeit beeinflussen. Anharmonik ist damit zentral für das Verhalten vibrationaler Eigenschaften in Materialien.

In der Musikwissenschaft bezeichnet Inharmonikität Abweichungen der Obertonreihe von ganzzahligen Verhältnissen; sie beeinflusst Klangfarbe, Intonation und das Timbre von Instrumenten und kann bewusst genutzt oder kompensiert werden.