Thiolgruppen

Thiolgruppen (R–SH) sind funktionelle Gruppen in der organischen Chemie, die aus einem Schwefelatom bestehen, das an ein Wasserstoffatom gebunden ist und an einen organischen Rest R knüpft. Der Begriff Mercaptgruppe wird synonym verwendet. Thiolgruppen ähneln Hydroxylgruppen der Alkohole, unterscheiden sich jedoch chemisch deutlich durch die Eigenschaften des Schwefels. In wässriger Lösung besitzen sie typischerweise einen pK_a-Wert im Bereich von ca. 8 bis 10, wodurch sie in basischen Lösungen als Thiolate RS− vorliegen und als starke Nukleophile agieren können.

Eigenschaften und Reaktionen: Thiolgruppen sind relativ weiche Nukleophile. Sie reagieren leicht mit oxidierenden Agenzien, wobei zwei R–SH-Moleküle zu einem Disulfid R–S–S–R oxidieren und dabei zwei Wasserstoffionen und zwei Elektronen frei abgegeben werden. Disulfidbrücken spielen eine zentrale Rolle in der Stabilisierung der dreidimensionalen Struktur vieler Proteine. Thiolgruppen können weiter oxidiert werden zu Sulfen-, Sulfin- oder Sulfon-Verbindungen. Durch deren Neutralisation lassen sich Thiolate auch gut an Metallionen koordinieren oder in der organischen Synthese als Nukleophile einsetzen. Reduktion von Disulfiden erfolgt typischerweise mit Dithiothreitol (DTT) oder β-Mercaptoethanol.

Biologische Bedeutung: Frei vorkommende Thiolgruppen treten in Cysteinresten von Proteinen auf und bilden Disulfidbrücken, die Proteinstrukturen stabilisieren. Glutathion (GSH) in Zellen dient als wichtiger Redoxpuffer, wodurch das Gleichgewicht zwischen Thiolen und Disulfiden reguliert wird.

Anwendungen: In der Biochemie werden Thiolgruppen genutzt, um Proteine zu markieren oder Thioether-Verbindungen herzustellen, und in der Synthese als Nukleophile. Schutzgruppen erleichtern Reaktionen, und Reduktionsmittel wie DTT werden eingesetzt.