Schergeschwindigkeiten

Schergeschwindigkeiten bezeichnen die Geschwindigkeiten, mit denen Scherwellen (Transversalwellen) durch ein Medium propagate. In der Geophysik und der Materialwissenschaft spielen sie eine zentrale Rolle, insbesondere als Vs-Werte, die die Elastizität und Dichte eines Materials widerspiegeln. Im Gegensatz dazu bewegen sich P-Wellen (Kompressionswellen) mit Vp, das Verhältnis von Vs zu Vp liefert wichtige Hinweise auf die Struktur und Zusammensetzung eines Mediums.

In einem isotropen, homogenen elastischen Medium gilt Vs = sqrt( μ / ρ ), wobei μ die Schermodulität (auch Querkontraktionsmodul genannt) und ρ die Dichte ist. Da μ eng mit der Steifigkeit des Materials verbunden ist, ermöglichen höhere Schermodulitäten oder geringere Dichten schnellere Scherwellen. μ lässt sich auch ausdrücken über E und ν (Elastizitätsmodul bzw. Querkontraktionsverhältnis): Vs = sqrt( E / [2ρ(1+ν)] ). In Fluiden sind μ nahezu Null, weshalb in Flüssigkeiten und Gasen keine echten Scherwellen existieren.

Schergeschwindigkeiten können je nach Richtung variieren. In anisotropen Medien ergeben sich SH- und SV-Wellen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, und in transversally isotropen Materialien treten zwei unabhängige Schubgeschwindigkeiten auf. Messungen erfolgen durch Frequenzanalysen von Ultraschall in der Materialprüfung oder seismische Tomographie und Refraction in der Geophysik. Typische Vs-Werte reichen von einigen Hundert Metern pro Sekunde in Sedimentschichten bis zu mehreren Kilometern pro Sekunde in fester Lithosphäre oder Metallegeständen. Schergeschwindigkeiten liefern so Einblicke in Steifigkeit, Temperatur, Feuchte und Struktur eines Materials.

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