Parrattverfahren

Parrattverfahren, auch Parratt-Formalismus genannt, ist eine rekursive Methode zur Berechnung der spekularen Reflexion von Röntgen- oder Neutronenstrahlen an mehrlagigen dünnen Filmen. Es wurde von Lucian Parratt in den 1950er Jahren eingeführt und ist bis heute zentrale Grundlage der X-ray Reflectometry (XRR) sowie der Neutronenreflektometrie. Mit dem Verfahren können Schichtdicke, Dichte bzw. Scattering length density und Oberflächenrauheit aus Reflexionsdaten abgeleitet werden.

Funktionsprinzip: Man modelliert die Probe als Stack aus N Schichten mit n_j als refractive index oder Scattering length density. Aus den Grenzflächenbereichen berechnet man die Fresnel-Reflexionskoeffizienten und wendet eine Rekursionsformel an, beginnend beim Substrat und fortschreitend zur Oberseite, um die Gesamtreflexivität R(qz) zu erhalten. Das Verfahren berücksichtigt Mehrfachreflexionen in den Schichten und Interferenzmuster, die bei glatten Grenzflächen auftreten. Für Röntgenstrahlen ist n_j = 1 − δ_j + iβ_j; für Neutronen entspricht n_j dem jeweiligen Streuungsdichteprofil.

Anwendung: Aus gemessenen Reflexionskurven werden Modellparameter durch Fitten der Daten bestimmt. Typische Parameter sind Schichtdicken d_j, Rauhigkeiten σ_j und Dichten. Das Verfahren wird in der Materialwissenschaft, Halbleitertechnik sowie in der Optik von Röntgen- und Neutronenspieglern verwendet.

Begrenzungen: Parrattverfahren beschreibt spekularen Reflexionsanteil und setzt ideale oder leicht rauhe, eindimensionale Grenzflächen voraus; bei stark rauhen Grenzflächen oder diffusen Beiträgen sind ergänzende Modelle nötig. Erweiterungen umfassen Nevot-Croce zur Berücksichtigung von Oberflächenrauheit und generalisierte Rekursionsformen für komplexe Strukturen.