Kapillarfüllzeit

Kapillarfüllzeit ist der Zeitraum, der benötigt wird, damit eine Flüssigkeit eine Kapillare oder eine poröse Struktur durch Capillarwirkung vollständig füllt. Sie hängt von Geometrie (Kapillarradius r, Länge L), Material- und Flüssigkeitsparametern sowie Umgebungsbedingungen ab.

Der grundlegende Zusammenhang wird durch das Lucas-Washburn-Modell beschrieben. Unter Vernachlässigung von Gravitation und Trägheit gilt beim Eindringen einer benetzenden Flüssigkeit in eine horizontal verlaufende Kapillare: x^2 = (r γ cos θ / (2 μ)) t, wobei x die Eindringtiefe ist, γ die Oberflächenspannung, θ der Kontaktwinkel, μ die dynamische Viskosität und t die Zeit. Aus dieser Beziehung folgt die Füllzeit bis zur Länge L: t_fill ≈ (2 μ L^2) / (r γ cos θ).

Für senkrechte Kapillaren oder längere Füllvorgänge muss die Gravitation berücksichtigt werden. Es entsteht eine Gleichgewichtshöhe h_eq = (2 γ cos θ) / (ρ g r). Wenn L < h_eq gilt, kann die obige Näherung genutzt werden; bei L ≳ h_eq verlangsamt sich der Füllvorgang und eine vollständige Füllung über die Gleichgewichtshöhe hinaus ist nicht möglich, ohne äußere Druck- oder Evaporationseffekte.

Anwendungen und Messungen der Kapillarfüllzeit finden sich in der Materialprüfung, der Papier- und Textilindustrie, der Mikrofluidik sowie bei der Modellierung des Eindringverhaltens in poröse Medien. Einflussfaktoren sind Reinigungsgrad, Oberflächenrauhigkeit, Temperatur, Verdunstung und die Annahmen der Modelle; in realen Porenstrukturen reicht das einfache Lucas-Washburn-Modell oft nur als Näherung.