Diffusionsrichtungen

Diffusionsrichtungen bezeichnet man in anisotropen Materialien die gerichteten Richtungen, in denen der Stofftransport unter gegebenen Bedingungen am stärksten erfolgt. In isotropen Medien verläuft Diffusion gleichförmig in alle Richtungen, während in Kristallen oder keramischen Materialien die Diffusionsrate stark von der Orientierung zu den Kristallachsen oder -ebenen abhängt. Die Diffusionsrichtung ist damit eng mit der Kristallstruktur, Defekten und Temperatur verknüpft.

Mathematische Grundlage ist der Diffusionstensor D. Der Stofffluss J und die Konzentrationsverteilung C folgen dem eindimensionalen Allgemeinfall in der Form J = -D · ∇C; in der Kontinumtheorie wird hier D als symmetrischer, positiv definiter Tensor behandelt. Die Eigenwerte λ1, λ2, λ3 und die zugehörigen Eigenvektoren bilden die principal directions des Diffusionstensors. Die Richtung von e1 entspricht dem maximalen Diffusionsfluss, die Richtung von e3 dem minimalen. In Kristallen entspricht dies oft den Gitterrichtungen; in kubischen Systemen kann D nahezu isotrop sein, während in anderen Systemen deutliche anisotrope Diffusionspfade besteht.

Bestimmung und Messung erfolgen durch tracer diffusion, isotopische Markierung, planare Diffusionspaare oder elektrochemische Experimente, oft entlang spezifischer Kristallrichtungen. Theoretisch lassen sich die Diffusionskoeffizienten aus ersten Prinzipien oder via Molekulardynamik und Dichtefunktionaltheorie ableiten.

Anwendungen finden sich in der Materialwissenschaft, z. B. bei Diffusionsbonding, in der Keramik- und Batterieforschung sowie in der Geowissenschaft, wo Diffusionsrichtungen Einfluss auf die Verteilung von Elementen, Wasser oder Schadstoffen in Gesteinen und Mineralien haben. Die Konzepte helfen, Transportprozesse in anisotropen Medien besser zu verstehen und zu kontrollieren.