Wirtschaftssoziologie

Wirtschaftssoziologie ist die Wissenschaft, die wirtschaftliche Phänomene aus sozialer Perspektive analysiert. Sie untersucht Märkte, Unternehmen, Arbeit, Geld, Institutionen und die kulturellen sowie politischen Rahmenbedingungen, in denen wirtschaftliche Handlungen entstehen. Zentral ist die Annahme, dass wirtschaftliches Verhalten nicht isoliert von sozialen Beziehungen entsteht, sondern in Netzwerken, Hierarchien, Normen und Machtverhältnissen eingebettet ist.

Historisch entwickelte sich die Wirtschaftssoziologie aus der Soziologie und der Kritik an rein ökonomischen Modellen. Vorläufer sind Max Weber, Georg Simmel und Emile Durkheim; in der Gegenwart prägten Forscher wie Mark Granovetter, Richard Swedberg und Pierre Bourdieu die Theoriebildung. Typische Konzepte umfassen die Einbettung wirtschaftlicher Handlungen in soziale Strukturen, Vertrauen, Netzwerke, kulturelle Prägungen, Institutionen (Eigentumsrechte, Regulierung) sowie Macht- und Ungleichheitsverhältnisse. Das Konzept der Embeddedness betont, dass Märkte durch soziale Beziehungen geformt werden.

Gegenstand der Wirtschaftssoziologie sind unter anderem Marktdynamiken, Unternehmensorganisation, Arbeitsmärkte, Kapital- und Finanzflüsse, Globalisierung, der informelle Sektor und der Wandel von Arbeit. Zentrale Fragestellungen betreffen, wie Institutionen wirtschaftliches Verhalten beeinflussen, wie Vertrauen und Netzwerke Transaktionen erleichtern, wie Organisationen funktionieren und wie wirtschaftliche Ungleichheit entsteht.

Methodisch nutzt die Disziplin qualitative Fallstudien, Interviews, Netzwerkanalysen, historische Analysen sowie vergleichende Studien. Die Wirtschaftssoziologie trägt zur Theoriebildung in der Wirtschaftswissenschaft, zur Wirtschafts- und Politikberatung sowie zur Analyse sozialer Folgen wirtschaftlicher Prozesse bei.