TextverständnisEntwicklung

Textverständnis bezeichnet die Fähigkeit, geschriebene Texte zu verstehen, Bedeutungen zu rekonstruieren, Informationen zu extrahieren und Inhalte kritisch zu interpretieren. Es umfasst die Dekodierung von Schriftzeichen, die Wort- und Satzverarbeitung sowie die Integration neuer Informationen mit vorhandenem Vorwissen, sodass Aussagen, Argumente und Absichten des Textes erkannt werden.

Zu den zentralen kognitiven Prozessen gehören die syntaktische Verarbeitung, die semantische Verknüpfung von Wörtern und Sätzen, das Ziehen von Inferenzen und die Bildung einer kohärenten Textrepräsentation. Verschiedene Modelle erklären das Verständnis: Bottom-up-Verarbeitung (von Zeichen zu Sinn), Top-down-Verarbeitung (Vorwissen steuert das Verstehen) und interaktive Ansätze; das Construction-Integration-Modell betont das Zusammenspiel von Textinformation und Vorwissen.

Faktoren, die Textverständnis beeinflussen, sind unter anderem Lesefähigkeit, Vokabular, grammatische Kompetenzen, Arbeitsgedächtnis, Lesemotivation und Vorkenntnisse zum Thema. Die Lesestrategien, die ein Leser anwendet (Vorschauen, Hypothesenbildung, Nachfragen, Zusammenfassungen), sowie die Textsorte (Narrativ, Expositorisch, Fachtext) spielen eine wesentliche Rolle.

In Bildung und Pädagogik wird Textverständnis gezielt gefördert; dazu gehören explizite Strategien, Leseübungen, Vorwissenaktivierung und das Trainieren von Inferenz- und Kohärenzbildung. Diagnostik erfolgt mittels standardisierter Lesetests und Lesekompetenzmessungen (z. B. PISA), um Förderbedarf zu identifizieren, auch bei Dyslexie oder Leseprogrammen in Zweitsprache.

Der Forschungsschwerpunkt liegt in der Weiterentwicklung von Modellen, der Untersuchung von Blickbewegungen beim Lesen und der neuronalen Grundlagen des Verstehens, sowie in der Optimierung von Lernmaterialien und digitalen Hilfsmitteln zur Unterstützung des Textverständnisses.