Oberflächenkräfte

Oberflächenkräfte sind Kräfte, die in Grenzflächen zwischen zwei Phasen wirken und sich im Vergleich zum Volumeninneren stark auswirken. Sie entstehen durch das Ungleichgewicht der intermolekularen Anziehungen an der Grenzfläche und steuern die Form, Stabilität und Dynamik von Flüssigkeiten an Oberflächen, Grenzflächen und in dünnen Filmen.

Die grundlegendste Größe ist die Oberflächenspannung, meist als γ bezeichnet, die als Kraft pro Längeneinheit wirkt und die Fläche einer Grenzfläche minimieren möchte. In der Mechanik der Grenzflächen lässt sich oft die Kontaktwinkelbeziehung heranziehen: Die Young-Gleichung beschreibt die Balance der Oberflächenenergien an der Kontaktlinie zwischen einer festen Phase, einer flüssigen Phase und der Gasphase: γ_SV - γ_SL = γ_LV cos θ, wobei θ der Kontaktwinkel ist.

Neben der Oberflächenspannung gibt es weitere Oberflächenkräfte, wie Kapillarkräfte, die in engen Röhren oder Spalten Freiformen bestimmen, sowie Disjoining-Pressure-Kräfte in dünnen Filmen, die Filmbicken stabilisieren oder zerreißen lassen. Elektrische Doppelschichtkräfte entstehen durch geladene Grenzflächen und tragen in Kolloiden und Emulsionen zur Stabilität bei. Marangoni-Strömungen entstehen durch Oberflächenspannungsgradienten, etwa infolge von Temperatur- oder Zusammensetzungsunterschieden.

Anwendungen und Bedeutung reichen von Beschichtungs- und Druckprozessen, Kochen und Heiz- bzw. Kühlprozessen über Emulsionen und Foams bis hin zu Mikrofluidik, Biologie und Geomaterialien. Typische Messmethoden umfassen Tensiometrie (Du Noüy Ring, Wilhelmy-Platte), Tropfendichtanalyse, Kontaktwinkelmessungen und Kräfte- oder Doppelschicht-Spektroskopien. Oberflächenkräfte sind zentrale Treiber vieler interfacialer Phänomene in der Natur und Technik.