Neobehavioristen

Neobehavioristen, auch Neo-Behavioristen genannt, bezeichnet eine Gruppe von Psychologen des 20. Jahrhunderts, die das Behaviorismusprogramm weiterentwickelte. Sie suchten zwar nach objektiven, beobachtbaren Daten, wandten sich jedoch von der strengen Verlautbarung des klassischen Behaviorismus ab, indem sie intervenierende Variablen als erklärende Elemente einführten. Ihr Fokus lag darauf, Reiz-Reaktions-Beziehungen durch theoretische Konstrukte zu erklären, die das Verhalten in seiner Gesamtheit besser beschreiben sollten.

Zentrale Idee der Neobehavioristen war, dass Verhalten durch das Zusammenspiel äußerer Reize, Belohnung, Triebzustände und lerntheroretische Größen wie Habits oder Erwartung bestimmt wird. Sie lehnten eine rein mechanistische Sicht ab, betonten aber die Messbarkeit und Vorhersagbarkeit von Verhalten. Zu den wichtigen Vertretern gehören Clark L. Hull, Edward C. Tolman und Kenneth W. Spence; später traten Neal E. Miller und John Dollard als Vertreter einer sozial-kognitiven Lernperspektive hinzu. Hull entwickelte eine Trieb-Habits-Theorie, Tolman setzte auf kognitive Orientierungen und das Vorhandensein von Repräsentationen wie kognitiven Karten, während Spence versuchte, Verhalten durch Verstärkung und Zielzufriedenheit zu erklären. Miller und Dollard kombinierten Lernprinzipien mit psychosozialen Konzepten in einer umfassenderen Lerntheorie.

Der Neobehaviorismus wirkte als Brücke zwischen dem klassischen Behaviorismus und späteren kognitiven Ansätzen. Er betonte empirische Fundierung und quantitative Modellierung, trug zur Entwicklung der Lern- und Motivationsforschung bei und beeinflusste später die kognitiv orientierte Psychologie. Mit der rezeptiven Dominanz der kognitiven Wende wichen viele neobehavioristische Ansätze der Hauptströmung, doch ihr Einfluss auf Theoriebildung, Experimentdesign und mathematisierte Lernmodelle bleibt spürbar.