Lastverlagerungen

Lastverlagerungen bezeichnen die Veränderung der internen Lastpfade in einer Struktur, die durch Verformungen, Materialnonlinearität, Schäden oder veränderte Randbedingungen ausgelöst wird. Wenn Teile eines Systems nachgeben, brechen oder sich verschieben, werden vorher dominierende Lastpfade entlastet oder verstärkt und die verbleibende Belastung verlagert sich auf andere Teile. Dadurch ändern sich Spannungsfelder, Momentenverteilungen und Tragfähigkeiten des Gesamtsystems.

Ursachen für Lastverlagerungen sind u.a. Verformung infolge äußerer Last, lokale Verformung oder Fließen des Materials, Bauteilversagen, Verschiebung oder Entlastung von Randbedingungen, Temperatur- oder Zeitabhängigkeiten sowie dynamische oder zeitvariante Belastungen. In vielen Fällen tritt die Verlagerung schrittweise auf, bis das System neue Gleichgewichtsbedingungen erreicht oder versagt.

Zur Analyse von Lastverlagerungen verwenden Ingenieure in der Regel nichtlineare statische oder dynamische Finite-Elemente-Modelle, Plastizitätstheorie, sowie das Konzept der Lastpfadverfolgung. Kennzahlen wie veränderte Schnittgrößen, Spannungen und Dehnungen geben Hinweise auf verbleibende Tragfähigkeit. Material- und Struktursmodelle werden validiert, um Redundanz, Robustheit und Sicherheitsreserven zu bewerten.

Anwendungen finden sich in der Bauwerks- und Brückenplanung, der Maschinen- und Fahrzeugtechnik sowie in der Schadensermittlung und Sanierung. Beispiele: Das Wegfallen einer Stütze verlagert die Last auf benachbarte Stützen, oder lokale Schäden in einer Verbundschale verändern die Lastweiterleitung im Tragwerk. Kenntnis der Lastverlagerungen unterstützt sicherheitsorientierte Gestaltung und Nachrüstung.

Damit dient das Konzept der Lastverlagerungen der Bewertung von Tragfähigkeit, Redundanz und Verlässlichkeit von Strukturen unter Realbedingungen.