Komplementationstest

Komplementationstest ist ein genetischer Test, mit dem bestimmt wird, ob zwei Mutationen, die denselben Phänotyp verursachen, in demselben Gen liegen oder in verschiedenen Genen. Typischerweise werden zwei Mutantenstämme miteinander gekreuzt oder deren Zellen fusioniert. Die Auswertung des Phänotyps der Nachkommen liefert die Interpretation: Bei erfolgreicher Komplementation zeigen die Nachkommen einen Wildtyp-Phänotyp, was darauf hindeutet, dass die Mutationen in unterschiedlichen Genen liegen. Bei fehlender Komplementation bleibt der Phänotyp mutiert, was darauf hindeutet, dass die Mutationen im gleichen Gen oder in einem eng verknüpften Locus liegen.

Methodisch wird die Komplementation oft durch genetische Kreuzungen in diploiden Organismen oder durch trans-Komplementation erreicht: Dabei wird eine Wildtyp-Kopie des Gens auf ein Plasmid oder eine andere Trägermittel eingeführt. Ein wiederhergestellter Wildtyp-Phänotyp nach der Einführung des Wildtyp-Gens spricht für unterschiedliche Genorte der Mutationen; ein weiterbestehender Mutanten-Phänotyp spricht dagegen.

Anwendungen und Einschränkungen: Komplementationstests wurden historisch genutzt, um Mutanten in Komplementationsgruppen zu ordnen und Genloci zu kartieren sowie Funktionen von Genen und Genpfaden zu untersuchen. Einschränkungen ergeben sich durch genetische Hintergrundeffekte, Dominanz oder Haploinsuffizienz, genetische Redundanz und epistatische Interaktionen. Zudem kann Trans-Komplementation scheitern, wenn Expressionskontext, Regulation, Zelldomänen oder Protein-Interaktionen nicht adäquat funktionieren. Trotzdem bleiben Komplementationstests ein grundlegendes Werkzeug zur funktionellen Genetik und zur Bestimmung der genetischen Beziehungen zwischen Mutationen.