Tangentialstrukturen

Tangentialstrukturen bezeichnen in der Differentialgeometrie und der Bordismustheorie Zusatzstrukturen auf glatten Mannigfaltigkeiten, die eine Reduktion der Strukturgruppe des Tangentialbündels ermöglichen. Formal sei M eine glatte n-Mannigfaltigkeit und τ_M: M → BO(n) die Klassenabbildung des stabilisierten Tangentialbündels. Sei p: BG → BO(n) eine Faserung, die den Typ der Tangentialstruktur festlegt. Eine Tangentialstruktur auf M relativ zu p ist ein Lift \hat{τ}_M: M → BG mit p ∘ \hat{τ}_M = τ_M. Das Paar (M, \hat{τ}_M) wird als G-Struktur oder Tangentialstruktur vom Typ G bezeichnet.

Beispiele: Framing (G trivial; Reduktion des Tangentialbündels auf die triviale Gruppe), Orientierung (G = SO(n), p: BSO(n) → BO(n)), Spin-Struktur (G = Spin(n), p: BSpin(n) → BSO(n)). Weitere Beispiele sind komplexe Strukturen (G = U(n) mit entsprechender Einbettung) sowie fortgeschrittene Strukturen wie String-Strukturen (G = String(n)).

Existenz und Obstruktion: Die Möglichkeit einer Tangentialstruktur hängt von Charakterklassen des TM ab. Beispielsweise existiert eine Orientierung genau dann, wenn w1(TM) = 0 ist; eine Spin-Struktur erfordert zusätzlich w2(TM) = 0. Allgemein liefern obstruktive Klassen Hinweise auf das Vorhandensein einer Lift-Möglichkeit.

Bedeutung: Für jeden Strukturtyp G lässt sich das Thom-Spektrum MG konstruieren; die damit verbundenen Bordismusgruppen Ω_*^G = π_* (MG) definieren Bordismustheorien mit Tangentialstrukturen. Tangentialstrukturen spielen eine zentrale Rolle in der Klassifikation von Bordismus, in der Index-Theorie und in der Formulierung von Topological Quantum Field Theories.