Substitutionsrate

Substitutionsrate (englisch substitution rate) bezeichnet in der Molekulargenetik die Geschwindigkeit, mit der Nukleotid- oder Aminosäure-Substitutionen in einer Sequenz über die Zeit hinweg fixiert werden. Sie wird üblicherweise als Substitutionen pro Baustein pro Zeiteinheit angegeben, häufig pro Nukleotid pro Jahr (oder pro Generation).

Messung und Modelle: Substitutionsraten werden aus Vergleichen von Sequenzen über Arten hinweg geschätzt. Typische Verfahren sind Maximum-Likelihood- oder Bayesian-Ansätze in der Phylogenetik, oft mit Kalibrationen durch Fossilien oder andere biokalibrative Daten. In coding-Sequenzen wird zwischen synomymen (dS) und nicht-synonymen (dN) Substitutionen unterschieden; die Ratio dN/dS dient als Indikator für Selektion.

Beziehung zur Mutationsrate: Die Substitutionsrate ist die Rate, mit der neue Varianten in einer Population fixiert werden. Die Mutationsrate ist die Entstehungsrate neuer Mutationen pro Reproduktionseinheit. Unter bestimmten Bedingungen kann die Substitutionsrate der Mutationsrate ähneln, in Populationen mit starkem Drift oder selektionären Einflüssen weicht sie ab.

Variabilität und Herausforderungen: Substitutionsraten variieren zwischen Organismen, Genen und genomischen Regionen. Sie können zeitabhängig sein ( zeitabhängiger Molekularkalender) und durch Saturation bei langen Zeiträumen unterschätzt werden. Außerdem beeinflussen Populationsgröße, Reproduktionszeit und Selektionsdruck die Schätzung.

Anwendungen: Sie ermöglichen das Datieren von Divergenzzeiten, das Rekonstruieren evolutiver Beziehungen, den Nachweis von Selektion sowie den Vergleich von Evolutionsgeschwindigkeiten zwischen Genen oder Arten. Beispiele zeigen deutlich höhere Raten bei RNA-Viren im Vergleich zu großen, langzaameren Genomen.