Materialfragilität

Materialfragilität bezeichnet die Neigung eines Werkstoffs, unter mechanischer Belastung bei geringer plastischer Verformung zu versagen. Typisch ist ein spröder Bruch statt einer ausgedehnten plastischen Verformung. Je höher die Fragilität, desto geringer ist die Energie, die der Stoff absorbieren kann, bevor der Riss unkontrolliert wächst.

Ursachen und Einflussfaktoren sind die Kristallstruktur, das Gefüge und Poren- oder Defektanteile, Notch- bzw. Rissgeometrien, sowie Umwelt- und Betriebsbedingungen. Temperatur, Spannungszustand und Lastgeschwindigkeit beeinflussen das Schädigungslevel stark. Beispielsweise neigen Keramiken, Glas und grobgefügete Gusseisen bei bestimmten Temperaturen oder Risskonfigurationen zum Sprödbruch; auch metallische Werkstoffe können unter niedrigen Temperaturen oder hohen Risslasten spröde reagieren. Umweltfaktoren wie Korrosion oder Spannungsrisskorrosion können die Fragilität erhöhen.

Messung und Kennwerte erfolgen primär durch bruchmechanische Methoden. Wichtige Größen sind die Bruchzähigkeit K_IC und der J-Integral; praxisrelevant sind Charpy- oder Izod-Biegeversuche, die die in Bruch absorbierte Energie quantifizieren. Diese Prüfungen liefern Hinweise zur Einsatzsicherheit, insbesondere unter wechselnden Temperaturen, Lastarten und Umweltbedingungen.

Anwendung und Designpolitik zielen darauf ab, Fragilität zu vermeiden oder zu kontrollieren. Ansätze umfassen die Erhöhung der Zähigkeit durch Legierung, Wärmebehandlung oder Gefügezuschnitt, Reduktion von Defekt- und Kerbempfindlichkeit, sowie die Berücksichtigung der Zähigkeit in Sicherheits- und Lebensdauerabschätzungen. Verwandte Begriffe sind Zähigkeit, Duktilität und Bruchmechanik.