Klassenzahlentheorie

Klassenzahlentheorie ist ein Teilgebiet der algebraischen Zahlentheorie, das die Struktur der Idealklassengruppe von Zahlkörpern untersucht. Zentral ist die Klassenzahl h_K, die die Anzahl der Idealklassen in der ganzen Zahlendomäne O_K angibt. Die Theorie erklärt, wie stark Faktorisierung in O_K von der eindeutigen Faktorisierung in den rationalen Ganzzahlen abweicht, indem sie die Klasse von Idealen betrachtet: Cl_K = I_K/P_K.

Für jeden Zahlkörper K ist O_K die Ringordnung; I_K die Gruppe aller nichtzero Ideale, P_K die Untergruppe der principalen Ideale. Die Quotientengruppe Cl_K = I_K/P_K heißt Klassengruppe, und ihre Ordnung h_K ist die Klassenzahl. Cl_K ist endlich, daher existieren nur endlich viele Klassen.

Die Endlichkeit folgt unter anderem aus Minkowskis Abschätzung. Die Theorie verbindet die Faktorierung von Primidealen mit der Struktur von Cl_K. Der Dirichletsche Einheitensatz bestimmt die Unitengruppe O_K^×; deren Rang ist r+s-1, wobei r reelle und s komplexe Paare der Einbettungen von K sind. Im Fall imaginärer Felder ist die Einheitengruppe endlich.

Bei quadratischen Zahlkörpern verbindet Gauss' Theorie binärer quadratischer Formen die Klassengruppe mit der Diskriminante des Feldes. Für imaginäre quadratische Felder spiegelt sich die Klassenzahl in der Anzahl äquivalenter Formen wider; besondere Diskriminanten liefern oft kleine h_K, sogenannte Heegner-Felder. Die Klassenzahlentheorie führt weiter zur Klassfeldtheorie, in der abelsche Erweiterungen von K über Artin-Reziprozität mit Untergruppen von Cl_K korrespondieren.

Anwendungen umfassen Berechnungen von Klassenzahlen, Konstruktion von Hilbert-Klassenfeldern und theoretische Ergebnisse über L-Funktionen und die Klassenzahlformel, welche h_K mit dem Zeta-Wert von K verknüpft. Moderne Computeralgorithmen ermöglichen die Bestimmung von Cl_K und der zugehörigen Klassenfelder in vielen Fällen.