Vollschmelze

Vollschmelze, auch als vollständige Kernschmelze bezeichnet, ist ein Fachbegriff der Kerntechnik, der ein Worst-Case-Szenario beschreibt, bei dem der Reaktorkern vollständig schmilzt. Im Gegensatz zur Teilschmelze wird angenommen, dass nahezu das gesamte Brennstoffmaterial in eine flüssige Masse übergeht und sich unter hohen Temperaturen bewegt. Dieses Szenario dient in Sicherheitsanalysen, Notfallplänen und im Reaktordesign als Maßstab für potenzielle Freisetzungen radioaktiver Substanzen.

Der Ablauf umfasst initiale Überhitzung infolge Kühlmittelverlusts, das Schmelzen der Brennstäbe, anschließende Relocation des geschmolzenen Brennstoffs und die Bildung von Corium, einer Mischung aus geschmolzenem Brennstoff und Strukturmaterialien. Dieses Corium kann die Reaktorkernstruktur durchdringen und in die Containment-Barriere eindringen; Reaktionen mit Beton bei der Kontainmentbeton-Interaktion können zusätzliche Belastungen verursachen und die Freisetzungen beeinflussen.

In der Praxis wird Vollschmelze als Worst-Case-Szenario betrachtet, gegen das Notfallmaßnahmen, robustes Containment, Notkühlung und Notfallmanagement gerichtet sind. Moderne Reaktorkonzepte berücksichtigen zusätzlich Kernfänger-Systeme, um das geschmolzene Material zu erfassen und die Gefahr eines Kontainmentdurchbruchs zu verringern.

Historisch gab es schwere Kernunfälle mit signifikanten Kernschmelzprozessen; vollständige Kernschmelze wird in Sicherheitsbewertungen als extremes Ereignis gesehen und entsprechend berücksichtigt. Der Begriff dient vor allem der Verständnisbildung von Risiken und der Entwicklung von Schutzmaßnahmen in der Kerntechnik.