Desorptionsenergie

Die Desorptionsenergie (E_des) ist in der Oberflächenchemie die Aktivierungsenergie, die benötigt wird, damit ein an eine Oberfläche gebundenes Molekül desorbiert, also in die Gasphase übergeht. Sie beschreibt die kinetische Barriere des Desorptionsprozesses und ist eng mit der Adsorptionsenergie verbunden, die das Gleichgewicht der Bindung charakterisiert. Während die Adsorptionsenergie oft als Gleichgewichtsbindung gedeutet wird, legt die Desorptionsenergie die Höhe der Hürde fest, die überwunden werden muss, um das Molekül freizusetzen.

Zur Beschreibung des Desorptionsverhaltens wird häufig die Polanyi–Wigner-Gleichung verwendet: r_des = ν θ^n exp(-E_des/RT), mit ν der Versuchsfreq, θ der Oberflächenabdeckung und n der Reaktionsordnung. E_des kann von Oberfläche, Adsorbats, Abdeckung und Temperatur abhängig sein und sich mit der Abdeckung ändern.

Experimentell erhält man E_des typischerweise aus Temperatur-programmierter Desorption (TPD). Aus der Bestimmung der Desorptionstemperaturen Tp bei festgelegter Erhöhungsrate β lässt sich E_des mithilfe von Redhead-Analysen oder vollständiger Modellierung schätzen.

Anwendungsbereiche umfassen Katalyse, Sensorik und Materialforschung, in denen E_des die Stabilität von Adsorbaten und die Desorptionstkinik beeinflusst. Typische Werte liegen für viele kleine Moleküle auf Metall- oder Metalloxidoberflächen im Bereich von einigen Zehnteln bis zu einigen Elektronenvolt, wobei erhebliche Abhängigkeiten von Spezies, Oberfläche und Abdeckung bestehen.