Endpunktenergie

Endpunktenergie bezeichnet in der Kern- und Teilchenphysik die maximale kinetische Energie, die das emittierte Beta-Teilchen bei einem Beta-Zerfall besitzen kann. Sie markiert den Endpunkt des Spektrums der Betastrahlung und ergibt sich aus dem energetischen Quantenzustand des Zerfalls: Die verfügbare Energie Q wird im Endzustand des Tochterkerns, im Rest des Neutrinos und im Impuls des Rückstoßes des Kerns aufgeteilt. Unter der Annahme eines sehr kleinen Neutrino-Massenanteils entspricht die Endpunktenergie nahezu dem Q-Wert des Zerfalls; bei Beta-Plus-Zerfällen reduziert sich der Endpunkt durch die Notwendigkeit, zwei Elektronenmassen zu erzeugen.

Unterschiedliche Zerfälle liefern verschiedene Endpunktenergien. Beim Beta-Minus-Zerfall gilt grob E0 ≈ Qβ− = (M_parent − M_daughter)c^2, während beim Beta-Plus-Zerfall E0 ≈ Qβ+ = (M_parent − M_daughter − 2m_e)c^2 ist. Zudem können Anregungen des Tochterkerns oder der endliche Recoil des Kerns den Endpunkt leicht verschieben. Ein nicht verschwindendes Neutrinomasseneinfluss verschiebt den theoretischen Endpunkt nach unten und verändert die Form des Spektrums nahe E0; dadurch wird die Endpunktenergie in Experimente genutzt, um Neutrinomassen abzuschätzen.

Bedeutung und Anwendungen: Die Endpunktenergie ist zentral für die Bestimmung der Neutrinomasse aus Beta-Spektren, insbesondere in hochwertigen Messungen wie dem KATRIN-Experiment, das das Beta-Spektrum des Tritium-Zerfalls mit hoher Auflösung nah am Endpunkt analysiert. Neben der Grundlagenforschung spielt sie auch eine Rolle in der Nuklid- und Astrophysik, wo die genaue Energiegrenzlinie von Zerfällen für Modellierungen relevant ist.